ACHTUNG WELTAUSSTELLUNG!

16.03.2024
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© Expo Austria/BWM Designers & Architects

Die ‚Weltausstellung‘ fasziniert von Anbeginn mit dem überambitionierten Vorhaben, die ‚Welt‘ und ihre Gegenwart auf begrenzter Fläche an einem Ort innerhalb von sechs Monaten inszenieren zu wollen. Ein Unterfangen, das den Superlativ in all seinen Facetten herausfordert: konzeptionell, logistisch und finanziell.

Elisabeth Gutjahr ist Rektorin der Universität Mozarteum. Für das EXPO-Projektbüro des Wirtschaftsministeriums koordiniert sie die Aktivitäten der staatlichen Kunstuniversitäten für die Weltausstellung in Osaka 2025

In den Anfängen des Projekts ‚Weltausstellung‘ präsentierten sich London und Paris Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem als wirtschaftlichen und zivilisatorischen Mittelpunkt einer Welt modernster Produkte und Technologien. Der monumentale Crystal Palace in London (1851) bildete das Wahrzeichen der ersten internationalen Weltausstellung. Architektur, Kultur und inhaltliche Schwerpunkte wurden zu wesentlichen Markenzeichen. Als vor gut 150 Jahren Wien die große Schau präsentierte, wurde sie um neue Themenbereiche erweitert: neben dem Fetisch „Ware“ interessierten Bildung (Schulräume und -materialien) und Frauenarbeit (die Nützlichkeit der arbeitenden Frau). Im Laufe der Zeit hat sich die Welt der Ausstellung angenommen, die USA, Asien, der arabische Raum wurden Gastgeber. Mehr und mehr rücken die gemeinsamen Fragen an Gegenwart und Zukunft der Menschheit in den Fokus.

Trotz der großen Weltkriege und politischer Neuordnungen hat das Projekt Weltausstellung überlebt, auch weil es die Zukunftsfähigkeit der Menschheit feiert und dem Narrativ der Diversität und Vielfalt Raum gibt – mit dem Potential eines Friedensprojekts.

1970 wurde die Weltausstellung erstmals in Asien ausgetragen. „Fortschritt und Harmonie der Menschheit“ wählte Osaka damals als Motto, das man auch als Friedensaufruf verstehen konnte mitten im Kalten Krieg zwischen den Weltmächten und dem sogenannten Ostblock, in den letzten Jahren des Vietnamkriegs, ein Jahr nach dem legendären Woodstock Festival. Multimediale Technologie at its best wurde ausgestellt vom Märchenhaften bis ins Futuristische. Der deutsche Pavillon wurde als weltweit einzigartiger kugelförmiger Konzertsaal gestaltet, nach einem audiotechnischen Konzept des Elektronischen Studios der TU Berlin und nach den Vorstellungen des Komponisten Karlheinz Stockhausen. Das Publikum saß in der Kugelmitte und erlebte Musik aus 50 ringsherum angeordneten Lautsprechergruppen dreidimensional: Beethoven, Bach und zeitgenössische Musik in 360°-Erfahrung. Stockhausen gab mit einem hochkarätigen 19-köpfigen Ensemble während der 180-tägigen Ausstellung Live-Konzerte für über eine Million Besucher:innen; „Spiral“ für einen Solisten und Kurzwellenempfänger wurde z.B. mehr als 1.300 mal gespielt (so der Berichterstatter Golo Föllmer).

Architektonisch gelingt es den Weltausstellungen, immer wieder Zeichen zu setzen: neben dem Crystal Palace (London) und der riesigen Rotunde der Wiener Weltausstellung von 1873 stehen Eifelturm (Paris), Atomium (Brüssel), die Space Needle (Seattle) und das Al Wasl Plaza (Dubai) als größte freistehende Kuppel der Welt für Innovations- und Gestaltungskraft für die Trias: Kultur, Technologie, Innovation.

2025 wird Osaka erneut Gastgeberin der größten Ausstellung der Welt sein. Die EXPO 2025 steht unter dem Motto „Designing Future Society for Our Lives”. Es werden die Subthemen Saving Lives, Empowering Lives und Connecting Lives verhandelt, die gesamte EXPO bildet ein People’s Living Lab, ein Laboratorium für eine künftige Gesellschaft. Dieses Konzept antwortet auf die Erkenntnis, dass nur ein gemeinsamer partizipativer Ansatz von allen Bereichen der Gesellschaft, von Wirtschaft, Forschung, Kunst/Kultur und von allen Gesellschaften dieser Welt, Möglichkeiten und Bedingungen von Zukunft ausloten kann. Die EXPO 25 lädt die Weltgemeinschaft ein, schon vor Ausstellungsbeginn in den Gedanken- und Erfahrungsaustausch einzusteigen. Das People’s Living Lab präsentiert sich:

  1. A space where 8 billion people from around the world will not only view exhibits but will co-create our future society.
  2. Even before the Expo begins, an online platform for sharing challenges and solutions from around the world will be launched.
  3. A place where the world’s knowledge such as cutting-edge technology will be brought together, used to create new ideas, and shared, all to help resolve global issues facing mankind.

So sind auch Bildungs- und Kultureinrichtungen, insbesondere aber Universitäten aufgerufen, in den Diskurs miteinzusteigen. Jede EXPO bietet auch die Chance, gleichsam seismografisch Erkenntnisstand und Handlungsmöglichkeiten der weltweiten Akteur:innen zu beobachten und den Dialog zu suchen. Etwa 160 Nationen werden sich an der Weltausstellung in Osaka 25 beteiligen, viele mit eigenen Interpretationen und Ergänzungen des Gesamtmottos. An der Ausgestaltung mancher Pavillons sind auch weltweit Universitäten beteiligt, ebenso am Kulturprogramm.

Der österreichische Pavillon steht unter dem Motto „Composing the Future“. Das Wirtschaftsministerium zeichnet verantwortlich für die Mitwirkung und den Auftritt Österreichs an den Weltausstellungen. Die von der Wirtschaftskammer initiierte ROAD to EXPO 2025 verbindet die gemeinsamen Werte Österreichs und Japans, sucht in der Begegnung der beiden Länder das Verbindende für eine lebenswerte Zukunft. Eines der großen Themen bildet dem Motto gemäß die Musik. Im ersten Raum des österreichischen Pavillons wird ein Bösendorfer Flügel aufgestellt, in Anspielung an jenen Flügel, der einst vom österreichischen Kaiser bei seinem fernöstlichen Besuch dem japanischen Tennō als Gastgeschenk überbracht wurde. Heute gehört die Wiener Manufaktur Bösendorfer dem japanischen Unternehmen Yamaha, das das Produktionsrecht in Österreich zugesichert hat. Über die Musik hinaus wird der österreichische Pavillon besondere „Noten“ auf Technologie, Innovation und Partizipation setzen, aber auch herausragende Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kunst lassen sich auf dem Parcours entdecken, am Ende und im Zentrum des Pavillons steht die eigene Kreativität und „Kompositionsfähigkeit“. Doch mehr soll hier nicht verraten werden.

Ähnlich wie 1970 könnte Osaka 2025 insgesamt erneut Musik einen besonderen Stellenwert zumessen. Diesmal vielleicht mit maßgeblicher Beteiligung Österreichs. Die Entwicklung des Mozarteums beispielsweise bietet eine weltweit einzigartige und klangvolle Geschichte, die auch Zukunftspotential aufzeigt: Als 1841 die Witwe von W. A. Mozart dem bitterarmen Salzburg das Mozarteum stiftete, war nicht absehbar, was dies für den Standort bedeuten würde. Die drei Säulen - Archiv/musikalisches Erbe (Stiftung Mozarteum), musikalische Praxis (Orchester Mozarteum) und musikalische Bildung (heute: Universität Mozarteum) - erwuchsen selbstständig und in enger Kollaboration zu weltweit anerkannten Institutionen mit exzellenter Reputation. Die drei Mozarteums bildeten den Boden, auf dem die kulturelle Profilierung Salzburgs einen einzigartigen Verlauf nehmen konnte. Österreich hat mit zwei großen Musikepochen, der ersten und der zweiten Wiener Klassik, weltweit die Musikgeschichte geprägt, die Salzburger Festspiele erzählen von der Erneuerungskraft, die von Musik und Kultur ausgeht. Achtung Weltausstellung!

 Fortsetzung folgt.

 

(Ersterschienen in den Uni-Nachrichten / Salzburger Nachrichten am 16. März 2024)

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